Angstfrei reiten zu können ist sooo etwas befreiendes, schönes und das was sich Pferdenarren unter dem schönsten Glück der Erde vorstellen. Doch aus eigener Erfahrung weiß ich, wie es sich anfühlt, mit flauem Gefühl im Magen oder sogar Angst vor dem Reiten zum Stall zu fahren. Die Gedanken lähmen dich schon auf dem Weg dorthin: was wird heute passieren? Schaffe ich es, mein Pferd von der Weide zu holen? Traue ich mich heute aufzusteigen, zu Galoppieren oder auszureiten?
All diese Gedanken belasten sehr, die Lust aufs Reiten schwindet und du kannst die Zeit mit deinem Pferd nicht mehr genießen.
Trotzdem liebst du dein Pferd, das Reiten und die Entspannung beim Putzen. Du weißt, dass Angst generell nützlich, weil überlebenswichtig ist und dich vor Schmerzen, Verletzung oder Tod schützt. Wissen allein hilft dir jedoch nicht, deine Situation zu verändern oder dein Kopfkino zu überwinden. Angst lähmt, verunsichert, macht klein und blockiert dich in deinem Handeln und deine Entscheidungen. Bei Angst auf dem Turnier hilft dir dieser Artikel: Mentale Stärke im Turniersport – 10 geniale Strategien für Westernreiter
Um endlich wieder angsfrei reiten zu können, braucht es einen Plan, Zeit und vor allem Mut. Auch wenn die ersten Schritte noch so klein sind, es lohnt sich immer loszulaufen.
Was ist Angst und wie zeigt sie sich?
Angst ist eine Emotionen, die bei einer Bedrohung oder der bloßen Vorstellung davon auftrtitt. Sie setzt eine ganze Reihe von Vorgängen im Körper in Gang, die unter anderem deine Wahrnehmung und Konzentration erhöhen (mehr im Onlinelexikon der Psychologie hier).
Oft haben deine Ängste haben viel damit zu tun, wie du eine Sache bewertest. Manches Kopfkino bekommt du nur schwer wieder los, wie zum Beispiel der Sturz vom Pferd. Du siehst diesen Film immer und immer wieder vor dem inneren Auge. Deswegen ist es wichtig, diesen Film zu verändern. Dies gelingt, indem du einen Weg findest, das Geschehene anders zu bewerten.
Im Grunde ist jede Angst Folge einer persönlichen Bewertung einer bestimmten Situation.
„Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern was wir über die Dinge denken.“ (Epiktet)
Endlich angstfrei reiten – die Strategie
Die Angst beim Reiten wieder loszuwerden ist ein sehr individueller Weg. Deswegen möchte ich dir die unten beschriebenen Strategie als Startmöglichkeit ans Herz legen, mit der du erst einmal für dich selbst loslegen kannst. Sie ersetzten kein Coaching oder keine Therapie.
Grundsätzliches
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass regelmäßiges Training bzw. Unterricht mit deinem Pferd bei einem erfahrenen Trainer:in sehr wichtig ist, wenn du zum Beispiel nach einem Sturz, einer Verletzung oder Problemen mit deinem Pferd wieder angstfrei reiten willst. Je mehr reiterliches Können du dir aneignest, desto selbstbewusster wirst du. Denn Selbstbewustsein ist ein Gegner deiner Angst.
Eigne dir einen Baukasten an reiterlichen Lösungsmöglichkeiten an. Das gibt dir das Selbstbewusstsein auch schwierige Situationen zu meistern – und das spürt dein Pferd. Du gibts auch ihm Sicherheit, deinen Entscheidungen zu vertrauen.
Annehmen was ist
Zeitgleich kannst du dich deiner Angst stellen. Der erste Schritt ist, deine Angst vor dir selber zuzugeben. Gegen die eigenen Angst anzukämpfen kostet unglaublich viel Energie und verschlimmert sie, anstatt sie zu lösen. Jeder Mensch hat Angst, es ist etwas ganz normales.
Angst ist die andere Hälfte von Mut.
(Reinhold Messner)
Sei mutig und leg los. Starte mit kleinen Schritten, es lohnt sich auf jeden Fall. Mir fällt es oft am leichtesten, wenn ich mir einen Zettel und einen Stift nehme und möglichst genau aufschreibe, wovor ich Angst habe. Beginnen kannst du zum Beispiel mit diesem Satz: „Ich habe Angst vor …“
Kopfkino anschauen und verändern
Schreibe dabei genau auf, welche Situation oder was dir Angst macht. Fühle in dich hinein, wo genau du die Angst spührst – Kloß im Hals, flaues Gefühl im Magen, weiche Knie…
Ja, das ist echt ungewohnt!
Allerdings ändert sich meist beim Aufschreiben dein Blickwinkel auf die jeweilige Situation. Außerdem kannst du dich fragen: „Was kann ich ändern, damit ich mich sicher fühle“ oder „Was hilft mir, meine Angst zu reduzieren?“
Und genau das ist ein wichtiger Schritt, um wieder angstfrei reiten zu können. Lösungsmöglichkeiten zu erkennen zeigt dir, dass du deiner Angst nicht ohnmächtig ausgeliefert bist.
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Den Geist beim Reiten beschäftigen
Eine weiter Möglichkeit wieder angstfrei reiten zu können ist deinen Geist geziehlt zu beschäftigen. Wir denken ca. 60.000 Gedanke am Tag. Der Geist steht nicht still und kreist immer um irgendwas – beim Reiten geht dann oft das negative Kopfkino an.
Eine Strategie dagegen ist es, dem Kopf mit etwas zu tun zu geben. Du kannst ihn entweder mit verschiedenen Aufgaben beim reiten beschäftigen – Hufschlagfiguren, Manöver, Gymnastizieren, etc… und dich dabei bewusst nur auf diese Übungen fokussieren.
Oder du konzentrierst dich auf einen schönen, innigen oder erfolgreichen Momente mit deinem Pferd. Das braucht allerdings ein wenig Vorbereitung.
Überlege vorab zu Hause in Ruhe, welcher Moment mit deinem Pferd dir besonders intensiv im Gedächtnis gelieben ist. Dann erzeuge mit allen Sinnen ein inneres Ruhebild davon:
- was hast du gefühlt und gedacht?
- wie hat es in dem Moment gerochen?
- wie warm oder kalt war es an dem Tag?
- welche Farben hatte die Umgebung?
- was hattest du an?
- …
Nutze alles was dir hilft, dein Bild so lebendig wie möglich zu machen.
Konzentriere dich auf deinen Atem
Oder du konzentrierst dich auf deinen Atem, indem du bewusst tief in deinen Bauch ein- und ausatmest während du reitest. Zähle beim einatmen bis 4 oder 6 und beim ausatmen doppelt so lange. Achte dabei bewusst darauf, tief in deinen Bauch hineinzuatmen. Er wölbt sich spürbar nach außen. Beim Ausatmen so viel verbrauchte Luft wie möglich herausströmen lassen.
Wenn du Angst hast, verkürzt sich die Atemfrequenz und wird flacher. Mit dieser Übung verlängerst du sie wieder bzw. sie bleibt gleichmäßig tief und das entspannt deine Muskeln.
Zeit nehmen und dran bleiben
Wichtig ist auch, dass du dir Zeit nimmst. Lass dich nicht drängen. Suche dir einene Sparingspartner, der dich versteht, unterstützt und liebevoll schaut, dass du Schritt für Schritt weiter machst und dann wieder angstfrei reiten kannst.
Ich drück dir die Daumen, viel Mut und Erfolg.